Die Behauptung, man könne sich im Internet völlig anonym bewegen, gehört zu den am öftesten wiedergekäuten Stereotypen in Berichten übers Netz. Nicht erwähnt wird dabei, dass diese Anonymität keineswegs von Haus aus gegeben ist, sondern aktiv hergestellt werden muss. Vielen Usern ist dies nicht bewusst. Sie wähnen sich im Schutz der Anonymität, während sie bei genauerem Hinsehen eine deutliche, noch dazu maschinenlesbare Spur durch den Cyberspace ziehen.
Von dem Augenblick an, wo der Benutzer sich bei seinem Provider einwählt und mit Name und Passwort identifiziert, werden seine Schritte im Netz mitprotokolliert. Die Logfiles enthalten detaillierte Informationen darüber, wer wann und wo im Netz gewesen ist und welche Datenmenge er heruntergeladen hat. Diese Daten bilden zum Teil die Grundlage für die Kundenverrechnung des Providers. Wie die einzelnen Provider mit den gesammelten Daten weiter verfahren, ist sehr unterschiedlich. Die meisten werden sie nach einer gewissen Zeit wohl löschen. Es soll aber auch vorkommen, dass Logfiles ausgewertet werden, um Interessensprofile von Usern zu gewinnen, die an die Werbewirtschaft verkauft werden können.
Auch Website-Betreiber wissen mehr über ihre Besucher, als den meisten bewusst ist. Der Browser übermittelt beim Zugriff auf eine Seite im Web nämlich eine Vielzahl an Informationen über den Rechner des Surfers. So lässt sich nicht nur feststellen, welches Betriebssystem und welcher Browser-Typ verwendet wird, sondern auch von welcher IP-Adresse aus der Zugriff erfolgt, oder welche Seiten der User unmittelbar vorher besucht hat.
Während Provider das Surfverhalten ihrer Kunden in erster Linie aus verrechnungstechnischen Gründen mitloggen, haben Betriebe noch ganz andere Motive, die Internet-Nutzung über ihre internen Netze zu kontrollieren. Sie fürchten, dass Mitarbeiter die Arbeitszeit beim Surfen verbummeln, oder Geschäftsgeheimnisse per E-Mail allzu leicht nach draußen gelangen. Auch der durch private Nutzung entstehende Datenverkehr kostet – zumindest in Österreich – noch eine Stange Geld. Von Rechts wegen sind Unternehmen verpflichtet, die Arbeitnehmer von der Überwachung des Internet-Verkehrs in Kenntnis zu setzen. In der Praxis wird allerdings mitunter anders verfahren.
Das Recht auf Anonymität im Internet wird von manchen Seiten auch prinzipiell in Frage gestellt. Vor allem die Polizei fordert in verschiedenen Staaten immer wieder die Umsetzung von Technologien und gesetzlichen Rahmenbedingungen, die das Identifizieren und Belauschen von Usern möglich machen. Bislang konnten sie sich mit diesen Forderungen zwar nicht durchsetzen, doch mit jedem Fall von Computerkriminalität steigt der politische Druck.
Wer vermeiden will, dass sein Surfverhalten im Detail bekannt wird, kann sogenannte Anonymizer-Dienste in Anspruch nehmen. Sie schalten sich zwischen den Rechner des Users, der eine Seite abruft, und den Webserver, der die Seite liefert. In den Logfiles des besuchten Webservers scheint nur noch der Anonymizer-Dienst auf, die IP-Adresse des Users bleibt unerkannt. Der bekannteste dieser Dienste ist Anonymizer.com, der anbietet, die Spuren der Surfer professionell zu verwischen. Wer nur gelegentlich anonym bleiben will, kann auch die kostenlose Variante des Dienstes benutzen, bei der aber zusätzliche Werbebanner und eine kleine Verzögerung bei der Darstellung der gewünschten Seiten in Kauf genommen werden müssen. Auf der Website von Anonymizer.com kann man auch kostenlos testen, welche Daten vom Browser übermittelt werden.